Konkrete Vorhersagen, wie sich die Corona-Pandemie in den kommenden Wochen und Monaten entwickeln wird, sind weiterhin schwierig. Gemäß einer aktuellen Studie der Leopoldina Nationale Akademie der Wissenschaften ist die weitere Entwicklung unter anderem davon abhängig, welche gesundheitsrelevanten Maßnahmen parallel zur schrittweisen Lockerung des öffentlichen Lebens in den kommenden Wochen umgesetzt werden. In dieser Situation fällt es Unternehmen schwer, Prognosen über die künftige Entwicklung ihrer Vermögens-, Finanz- und Ertragslage abzugeben. Das Institut der Wirtschaftsprüfer hat diesbezüglich entsprechende Hinweise gegeben, auf welche unsere Autoren des vorliegenden Artikels eingehen.
(WP/StB Carsten Ernst, WP/StB Philipp Krais, WP/StB Peter Richter)
Die folgenden Ausführungen beziehen sich im Wesentlichen auf den fachlichen Hinweis des Instituts der Wirtschaftsprüfer (IDW) mit dem Titel „Auswirkungen der Ausbreitung des Coronavirus auf die Rechnungslegung und deren Prüfung“ (im Folgenden kurz „Corona-Hinweis“). Dieser fachliche Hinweis wird seitens des IDW laufend aktualisiert und besteht aktuell aus drei Teilen (Teil 1 vom 4. März 2020, Teil 2 vom 25. März 2020 und Teil 3 vom 8. April 2020).
Kein vollständiger Verzicht auf Prognoseberichterstattung
Bereits im ersten Teil des Corona-Hinweises stellte das IDW klar, dass die aktuell unsicheren Zeiten keinen vollständigen Verzicht auf eine Prognoseberichterstattung im Lagebericht rechtfertigen. Das IDW verweist in diesem Zusammenhang jedoch darauf, dass bei außergewöhnlich hoher Unsicherheit in Bezug auf die künftige Entwicklung und damit einer wesentlichen Beeinträchtigung der Prognosefähigkeit folgende Aussagen im Lagebericht ausreichend sind:
– Rein komparative Prognosen (bspw. „Wir gehen von einem rückläufigen Umsatz und Ergebnis im kommenden Geschäftsjahr aus“).
– Lediglich eine Darstellung der voraussichtlichen Entwicklung der zur internen Steuerung verwendeten Leistungsindikatoren in verschiedenen Zukunftsszenarien unter Angaben ihrer jeweiligen Annahmen.
Berücksichtigung von öffentlichen Stützungsmaßnahmen
In Teil 2 des Corona-Hinweises weist das IDW darauf hin, dass bei den Prognosen im Lagebericht konkretisierte und belastbare Aussagen der Bundesregierung bzw. der Landesregierungen zur Durchführung von Stützungsmaßnahmen bzw. Gewährung von öffentlichen Unterstützungsleistungen zu berücksichtigen sind, auch wenn hierfür noch erforderliche rechtliche Schritte ausstehen, da deren Umsetzung erwartet werden kann. Die Berücksichtigung solcher Maßnahmen ist im Anhang bzw. Lagebericht zu erläutern.
Plausibilität der den Prognosen zu Grunde liegenden Annahmen
Gerade in unsicheren Zeiten wir der aktuellen Corona-Krise kommt es auf die Qualität der den Prognosen zu Grunde liegenden Annahmen an.
Im dritten Teil des Corona-Hinweises geht das IDW daher der Frage nach, welche Annahmen den Prognosen zu Grunde zu legen sind; sowohl in Bezug auf den Eintritt künftiger Ereignisse (bspw. zur weiteren Ausbreitung der Corona-Pandemie und den Auswirkungen auf das Kundenverhalten) als auch zu den beabsichtigen Handlungen (bspw. hinsichtlich Inanspruchnahme von staatlichen Stützungsmaßnahmen oder zur Anpassung des Geschäftsmodells).
Bei den für die Prognoseberichterstattung getroffenen Annahmen sollten folgende Punkte beachtet werden:
– Basierend auf aktuellen Informationen.
– Konsistenz mit den für andere Zwecke (bspw. für Budgetplanungen) getroffenen Annahmen.
– In Einklang mit verfügbaren Prognosen wichtiger Institutionen zur gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (bspw. Prognosen der Bundesregierung, des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, der EU-Kommission und führender Wirtschaftsforschungsinstitute).
– Kein Widerspruch zwischen dem tatsächlichen Handeln und den getroffenen Annahmen (bspw. tatsächliche Beantragung oder Vorbereitung der Beantragung von in einer Liquiditätsprognose berücksichtigten staatlichen Liquiditätshilfen).
Annahme: Normalisierung der wirtschaftlichen Gesamtsituation ab dem 2. Halbjahr 2020
Das IDW weist in dem 3. Teil des Corona-Hinweises darauf hin, dass im Rahmen der folgenden Maßnahmen von einer Normalisierung der wirtschaftlichen Gesamtsituation ab dem 2. Halbjahr 2020 ausgegangen wird:
– Der Bemessung der Frist des jüngst eingeführten temporären Leistungsverweigerungsrechts liegt die Annahme zugrunde, dass die pandemiebedingten Beschränkungen des Wirtschaftslebens in absehbarer Zeit ab der zweiten Jahreshälfte 2020 schrittweise aufgehoben werden können und die damit verbundenen Folgen sodann schrittweise abgemildert werden.
– Zu den wesentlichen Voraussetzungen des KfW-Sonderprogramms „Unternehmerkredit“ gehört es, dass unter der Annahme einer sich wieder normalisierenden Gesamtsituation („wie vor der Krise“) die Durchfinanzierung bis zum 31.12.2020 voraussichtlich gegeben ist.
Soweit ein Unternehmen bei seiner Prognose der künftigen Entwicklung auch von dieser Annahme ausgeht (schrittweise Aufhebung der pandemiebedingten Beschränkungen des Wirtschaftslebens in absehbarer Zeit ab der zweiten Jahreshälfte 2020 und daher sukzessive Abmilderung der mit den Beschränkungen verbundenen Folgen), wird der Abschlussprüfer dies nach Ansicht des IDW grundsätzlich nicht beanstanden.

CARSTEN ERNST
Wirtschaftsprüfer/Steuerberater Diplom-Kaufmann
+49 711 48931-519
E-MAIL SCHREIBENVCARD HERUNTERLADEN

PHILIPP KRAIS
Wirtschaftsprüfer/Steuerberater Diplom-Betriebswirt Certified Valuation Analyst (CVA)
+49 711 48931-516
E-MAIL SCHREIBENVCARD HERUNTERLADEN

PETER RICHTER
Wirtschaftsprüfer/Steuerberater Diplom-Ökonom
+49 711 48931-420
E-MAIL SCHREIBENVCARD HERUNTERLADEN
Abschließender Hinweis
Die Ausführungen in diesem Sonderrundschreiben dienen lediglich der allgemeinen Information und stellen keine rechtliche und sonstige Beratung für konkrete Einzelfälle dar. Bei individuellen Sachverhalten empfehlen wir die Einholung von auf diese Sachverhalte bezogenem Rat. Hierfür stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.