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Jahressteuergesetz 2022: Wichtige Neuregelungen durch Bundestag und Bundesrat verabschiedet

 

Der Bundestag hat das Jahressteuergesetz (JStG) 2022 am 2.12.2022 verabschiedet. Auch der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 16.12.2022 zugestimmt. Somit sind bei der Einkommensteuer, der Umsatzsteuer und der Erbschaft-/Schenkungsteuer viele Änderungen zu berücksichtigen. Wichtige Neuerungen werden nachfolgend vorgestellt.

Tätigkeiten im Arbeitszimmer und in der häuslichen Wohnung

Bis 2022 sind Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer (z. B. Miete und Strom) wie folgt abzugsfähig:

  • Bis zu 1.250 EUR jährlich, wenn für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht,
  • ohne Höchstgrenze, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet.

Sind diese Voraussetzungen nicht erfüllt (z. B. weil die Tätigkeit im Wohnzimmer ausgeübt wird), oder verzichtet der Steuerpflichtige auf einen Abzug der Aufwendungen, kann ein Abzug für die betrieblich oder beruflich veranlassten Aufwendungen in pauschaler Form erfolgen. Diese im Zuge der Coronapandemie eingeführte Homeoffice-Pauschale beträgt 5 EUR für jeden Kalendertag, an dem der Steuerpflichtige seine gesamte Tätigkeit ausschließlich in der häuslichen Wohnung ausübt; maximal aber 600 EUR im Kalenderjahr.

Der Abzug wird ab 2023 neu geregelt. Im Vergleich zur bisherigen Regelung werden insbesondere folgende Aspekte geändert: Soweit der Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung im häuslichen Arbeitszimmer liegt, sind (abweichend vom Regierungsentwurf) die Aufwendungen auch dann abziehbar sein, wenn für die Betätigung ein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Für Mittelpunktfälle sollen die Aufwendungen damit (wie bisher) in voller Höhe abziehbar bleiben. Anstelle des Abzugs der tatsächlichen Aufwendungen ist aber ein pauschaler Abzug in Höhe von 1.260 EUR möglich. Bei dieser Jahrespauschale (Kürzung um 1/12 für jeden vollen Kalendermonat, in dem die Voraussetzungen nicht vorliegen) handelt es sich um einen personenbezogenen Betrag, weil er sich am Höchstbetrag der Tagespauschale (ab 2023: Erhöhung auf 6 EUR) orientiert und Steuerpflichtige mit einem häuslichen Arbeitszimmer nicht schlechter gestellt sein sollen als solche, die nur die Tagespauschale abziehen können.

Liegt der Mittelpunkt der Betätigung nicht im häuslichen Arbeitszimmer, steht den Steuerpflichtigen aber kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung, können sie die Tagespauschale abziehen. Nach der Gesetzesbegründung muss somit künftig nur noch im „Mittelpunktfall“ der Typusbegriff des häuslichen Arbeitszimmers erfüllt sein.

Liegen die Voraussetzungen für den Abzug der Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer nicht im gesamten Kalenderjahr vor, und wird die Jahrespauschale gekürzt („1/12“; vgl. oben), kann für diesen Kürzungszeitraum die Tagespauschale zu gewähren sein.

Die Tagespauschale in Höhe von 6 EUR soll auf einen jährlichen Höchstbetrag von 1.260 EUR gedeckelt werden (also maximal 210 Tage im Jahr).

Der Abzug der Tagespauschale ist neben dem Abzug von Fahrtkosten für die Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte oder regelmäßiger Tätigkeitsstätte nur zulässig, wenn für die Betätigung dauerhaft kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Ein Abzug ist außerdem zulässig, wenn zusätzlich zu einer Auswärtstätigkeit die überwiegende Arbeitszeit in der häuslichen Wohnung verrichtet wird.

Kleine Photovoltaikanlagen

Bei der Einkommensteuer gewährt die Finanzverwaltung für kleine Photovoltaikanlagen (PV-Anlagen) mit einer installierten Leistung von bis zu 10 kW seit geraumer Zeit ein Wahlrecht (= steuerlich unbeachtliche Liebhaberei auf Antrag des Steuerpflichtigen). Dieses Wahlrecht wird durch eine Steuerbefreiung (§ 3 Nr. 72 Einkommensteuergesetz [EStG]) ersetzt.

Bei der Steuerfreiheit der Einnahmen und Entnahmen im Zusammenhang mit dem Betrieb von PV-Anlagen sind gewisse Höchstgrenzen zu beachten, wobei hier auf die installierte Bruttoleistung laut Marktstammdatenregister
abgestellt wird. Vereinfacht gilt:

  • 30 kW (Peak) für auf, an oder in Einfamilienhäusern (einschließlich Nebengebäuden) oder nicht Wohnzwecken dienenden Gebäuden vorhandene PV-Anlagen und
  • 15 kW (Peak) je Wohn- oder Gewerbeeinheit für auf, an oder in sonstigen Gebäuden vorhandene PV-Anlagen.

Die Steuerbefreiung gilt – unabhängig vom Zeitpunkt der Inbetriebnahme der PV-Anlage – bereits für Einnahmen und Entnahmen, die nach dem 31.12.2021 erzielt oder getätigt werden. Im Vergleich zum Regierungsentwurf wird die Steuerfreiheit somit um ein Jahr vorgezogen.

Nach § 12 Abs. 3 Umsatzsteuergesetz (UStG) gilt für die Lieferung, den innergemeinschaftlichen Erwerb, die Einfuhr und die Installation von PV-Anlagen und Stromspeichern ein Steuersatz von 0 % (Nullsteuersatz), soweit

  • es sich um eine Leistung an den Betreiber der PV-Anlage handelt und
  • die Anlage auf oder in der Nähe von Privatwohnungen, Wohnungen sowie öffentlichen und anderen Gebäuden, die für dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten genutzt werden, installiert wird. Diese Voraussetzungen gelten als erfüllt, wenn die installierte Bruttoleistung der PV-Anlage laut Marktstammdatenregister nicht mehr als 30 kW (Peak) beträgt.

Da Betreiber von PV-Anlagen bei der Anschaffung der Anlage nicht mehr mit Umsatzsteuer belastet werden, erübrigen sich auch etwaige Fragen zum Vorsteuerabzug.

§ 12 Abs. 3 UStG tritt am 1.1.2023 in Kraft. Entscheidend ist hier der Zeitpunkt der Leistungserbringung, also regelmäßig die Abnahme der Anlage.

Übertragung von Immobilien

Für die Erbschaft-/Schenkungsteuer drohen im Einzelfall höhere Werte, weil die Regelungen der Grundbesitzbewertung an die ImmoWertV vom 14.7.2021 (BGBl I 2021, S. 2805) angepasst wurden (Inkrafttreten: Bewertungsstichtage nach dem 31.12.2022).

Weitere Aspekte

Die lineare Gebäudeabschreibung wird für neue Wohngebäude, die nach dem 31.12.2022 fertiggestellt werden, auf 3 % erhöht. Die Regelung, wonach die Abschreibung in Ausnahmefällen nach einer begründeten tatsächlich kürzeren Nutzungsdauer bemessen werden kann, wird (im Gegensatz zum Regierungsentwurf) beibehalten.

Ebenfalls positiv: die Prolongation der Sonderabschreibung für den Mietwohnungsneubau (§ 7b EStG). Die Voraussetzungen an die Wohnung sind ab 2023 an bestimmte Effizienzvorgaben gekoppelt.

Kapitalvermögen: Der Sparer-Pauschbetrag wird ab 2023 von 801 EUR auf 1.000 EUR erhöht (bei Ehegatten und eingetragenen Lebenspartnern von 1.602 EUR auf 2.000 EUR).

Der Arbeitnehmer-Pauschbetrag für Werbungskosten wird ab 2023 um 30 EUR auf 1.230 EUR erhöht.

Der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende (§ 24b EStG) wird um 252 EUR angehoben (2023 = 4.260 EUR).

Der bisher ab 2025 vorgesehene vollständige Sonderausgabenabzug für Altersvorsorgeaufwendungen wird auf 2023 vorgezogen.

Und auch hierauf ist hinzuweisen:

  • Ausbildungsfreibetrag: Anhebung ab 2023 von 924 EUR auf 1.200 EUR,
  • Klarstellung des Anwendungsbereichs des
    steuerfreien Corona-Pflegebonus nach § 3 Nr. 11b EStG,
  • Bilanzierungswahlrecht bei Rechnungsabgrenzungsposten,
  • Regelungen zur Steuerpflicht der Energiepreispauschale für Renten- und Versorgungsbeziehende.

Das Jahressteuergesetz 2022 wurde am 20.12.2022 im Bundesgesetzblatt verkündet.

Diese und weitere interessante Artikel finden Sie in unserem monatlichen Mandantenrundschreiben von Januar 2023.

Quelle | JStG 2022 vom 16.12.2022, BGBl I S. 2294 vom 20.12.2022