KARRIERE

Koalitionsvertrag: Das sind die steuerlichen Pläne!

 

Im April 2025 haben CDU, CSU und SPD ihren Koalitionsvertrag „Verantwortung für Deutschland“ vorgestellt. Blickt man auf die steuerlichen Aspekte, dann sind einige Vorhaben bereits präzise formuliert (z. B. die dauerhafte Erhöhung der Entfernungspauschale zum 1.1.2026 auf 38 Cent bereits ab dem ersten Kilometer oder die dauerhafte Reduzierung der Umsatzsteuer für Speisen in der Gastronomie auf 7 % ebenfalls zum 1.1.2026). Vielfach handelt es sich aber leider „nur“ um Absichtserklärungen. Die genaue Ausgestaltung bleibt der Gesetzgebung vorbehalten.

Bei allen nachfolgend auszugsweise vorgestellten Steuerplänen gilt: Die Maßnahmen stehen unter Finanzierungsvorbehalt.

Unternehmensteuer und Investitionen

Für Ausrüstungsinvestitionen plant die neue Bundesregierung einen sogenannten Investitions-Booster in Form einer degressiven Abschreibung von 30 % in den Jahren 2025, 2026 und 2027.

Die Körperschaftsteuer von 15 % soll stufenweise gesenkt werden – und zwar in fünf Schritten um jeweils einen Prozentpunkt, beginnend mit dem 1.1.2028.

Das Optionsmodell nach § 1a des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) und die Thesaurierungsbegünstigung nach § 34a des Einkommensteuergesetzes (EStG) sollen (erneut) „wesentlich verbessert“ werden. Erst kürzlich erfolgten hier durch das Wachstumschancengesetz Verbesserungen. So wurde bei § 34a EStG z. B. das Thesaurierungsvolumen erhöht. Was dieses Mal angestrebt wird, lässt der Koalitionsvertrag leider vollkommen offen.

Hintergrund

Für bilanzierende Einzel- und Personenunternehmen sieht § 34a EStG eine steuerliche Begünstigung für nicht entnommene Gewinne vor, die (langfristig) im Unternehmen verbleiben sollen. Auf Antrag können Gewinne aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb oder selbstständiger Arbeit mit einem Steuersatz von nur 28,25 % (unter Ausblendung von Soli und Kirchensteuer) versteuert werden. Wird der Gewinn in späteren Jahren jedoch entnommen, erfolgt eine Nachversteuerung mit 25 %.

Beachten Sie | Durch § 1a KStG können Personenhandelsgesellschaften, Partnerschafts­gesellschaften oder eingetragene Gesellschaften bürgerlichen Rechts im ertragsteuerlichen Bereich (auf Antrag) wie eine Kapitalgesellschaft behandelt werden.

Zudem heißt es im Koalitionsvertrag: „Wir prüfen, ob ab dem Jahr 2027 die gewerblichen Einkünfte neu gegründeter Unternehmen unabhängig von ihrer Rechtsform in den Geltungsbereich der Körperschaftsteuer fallen können.“

Einkommensteuer

Noch unpräziser sind die Ausführungen zur Einkommensteuer: „Wir werden die Einkommensteuer für kleine und mittlere Einkommen zur Mitte der Legislatur senken.“

Und weiter: Die Schere zwischen der Entlastungswirkung der Kinderfreibeträge und dem Kindergeld soll schrittweise verringert werden. Die finanzielle Situation von Alleinerziehenden soll durch Anhebung oder Weiterentwicklung des Alleinerziehenden Entlastungsbetrags verbessert werden.

Beachten Sie | Der Solidaritätszuschlag soll unverändert bleiben.

Konkret wird es bei der Entfernungspauschale für die Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte. Ab 2026 soll eine dauerhafte Erhöhung auf 0,38 EUR ab dem ersten Kilometer erfolgen.

Gemeinnützigkeit und Ehrenamt

Die Freigrenze aus wirtschaftlichem Geschäftsbetrieb für gemeinnützige Vereine soll um 5.000 EUR auf 50.000 EUR erhöht werden. Ferner soll der Katalog der gemeinnützigen Zwecke modernisiert und das Gemeinnützigkeitsrecht insgesamt vereinfacht werden.

Merke | Die Übungsleiterpauschale soll von 3.000 EUR auf 3.300 EUR und die Ehrenamtspauschale von 840 EUR auf 960 EUR angehoben werden.

Anreize für Mehrarbeit und längeres Arbeiten

Wer freiwillig mehr arbeiten will, soll mehr Netto vom Brutto haben. Dazu sollen Überstundenzuschläge steuerfrei gestellt werden, die über die tariflich vereinbarte bzw. an Tarifverträgen orientierte Vollzeitarbeit hinausgehen.

Wer das gesetzliche Rentenalter erreicht und freiwillig weiterarbeitet, soll sein Gehalt bis zu 2.000 EUR im Monat steuerfrei erhalten.

Beachten Sie | Allerdings will die neue Bundesregierung Fehlanreize und Mitnahmeeffekte vermeiden. Deshalb soll vor allem Folgendes geprüft werden: die Nichtanwendbarkeit der Regelung bei Renteneintritten unterhalb der Altersgrenze für die Regelaltersrente, die Beschränkung der Regelung auf Einkommen aus sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen und die Anwendung des Progressionsvorbehalts.

Darüber hinaus sollen Anreize für eine Ausweitung der Arbeitszeit erfolgen. Wenn Arbeitgeber eine Prämie zur Ausweitung der Arbeitszeit von Teilzeit auf dauerhaft an Tarifverträgen orientierte Vollzeit zahlen, soll dies steuerlich begünstigt werden.

Gewerbe-, Umsatz- und Stromsteuer

CDU, CSU und SPD wollen alle zur Verfügung stehenden Maßnahmen ergreifen, um Scheinsitzverlegungen in Gewerbesteuer Oasen wirksam zu begegnen. Zudem soll der Gewerbesteuer-Mindesthebesatz von 200 auf 280 % erhöht werden.

Die Umsatzsteuer für Speisen in der Gastronomie soll zum 1.1.2026 dauerhaft auf 7 % reduziert werden.

Für schnelle Entlastungen um mindestens fünf Cent pro kWh soll in einem ersten Schritt die Stromsteuer so schnell wie möglich auf das europäische Mindestmaß gesenkt werden, und die Übertragungsnetzentgelte sollen reduziert werden.

Abbau von Steuerbürokratie

Die neue Bundesregierung will sich für eine Steuervereinfachung durch Typisierungen und Pauschalierungen einsetzen. Dabei soll insbesondere eine Arbeitstagepauschale geprüft werden, in der Werbungskosten für Arbeitnehmer zusammengefasst werden können.

Zudem soll die Besteuerung der Rentner vereinfacht werden bzw. sollen sie von Erklärungspflichten so weit wie möglich entlastet werden.

Diese und weitere interessante Artikel finden Sie in unserem monatlichen Mandantenrundschreiben von Juni 2025.

Quelle | „Verantwortung für Deutschland“: Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD; 21. Legislaturperiode

Keine Werbungskosten: Umzug wegen Einrichtung eines Arbeitszimmers ist nicht beruflich veranlasst

 

Aufwendungen des Steuerpflichtigen für einen Umzug in eine andere Wohnung, um dort (erstmals) ein Arbeitszimmer einzurichten, sind nicht als Werbungskosten abzugsfähig. Dies gilt nach Ansicht des Bundesfinanzhofs auch, wenn der Steuerpflichtige – wie in Zeiten der Coronapandemie – zwangsweise zum Arbeiten im häuslichen Bereich angehalten ist oder durch die Arbeit im Homeoffice Berufs- und Familienleben zu vereinbaren sucht.

Sachverhalt

Eheleute lebten mit ihrer Tochter in einer 3-Zimmer-Wohnung und arbeiteten nur in Ausnahmefällen im Homeoffice. Ab März des Streitjahres 2020 (zunächst bedingt durch die Coronapandemie) arbeiteten sie überwiegend im Homeoffice, dort im Wesentlichen im Wohn-/Esszimmer. Im Mai 2020 zogen sie in eine 5-Zimmer-Wohnung, in der sie zwei Zimmer als häusliche Arbeitszimmer einrichteten und nutzten.

Den Aufwand für die Nutzung der Arbeitszimmer und die Kosten für den Umzug in die neue Wohnung machten die Eheleute als Werbungskosten geltend. Das Finanzamt erkannte zwar die Aufwendungen für die Arbeitszimmer an, mangels beruflicher Veranlassung lehnte es den Abzug der Kosten für den Umzug jedoch ab.

Der Bundesfinanzhof bestätigte die ablehnende Entscheidung des Finanzamts. Die Möglichkeit, in der neuen Wohnung (erstmals) ein Arbeitszimmer einzurichten, genügt nicht zur Begründung einer beruflichen

Veranlassung des Umzugs. Es fehlt insoweit an einem objektiven Kriterium, das nicht auch durch die private Wohnsituation jedenfalls mitveranlasst ist.

Merke | Die Entscheidung, in der neuen, größeren Wohnung (erstmals) ein Zimmer als Arbeitszimmer zu nutzen oder die Berufstätigkeit im privaten Lebensbereich (weiterhin) in einer „Arbeitsecke“ auszuüben, beruht auch in Zeiten einer gewandelten Arbeitswelt nicht auf nahezu ausschließlich objektiven beruflichen Kriterien. Dies gilt auch, wenn der Steuerpflichtige über keinen anderen (außerhäuslichen) Arbeitsplatz verfügt oder durch die Arbeit im Homeoffice versucht, das Berufs- und Familienleben zu vereinbaren.

Diese und weitere interessante Artikel finden Sie in unserem monatlichen Mandantenrundschreiben von Juni 2025.

Quelle | BFH-Urteil vom 5.2.2025, Az. VI R 3/23, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 247666; BFH, PM Nr. 24/25 vom 17.4.2025

Wir sind Dualer Partner für Masterstudiengänge der DHBW CAS

 

Die WiTreu ist ab sofort offizieller Dualer Partner der DHBW Center for Advanced Studies (DHBW CAS). Durch diese Zusammenarbeit geben wir Berufseinsteigerinnen und Berufseinsteigern die Chance, eine umfassende akademische Ausbildung in Form eines dualen Masterstudiums zu absolvieren – begleitet von praktischer Erfahrung in unserer Kanzlei am Standort Stuttgart. Darüber hinaus schaffen wir so die idealen Voraussetzungen für eine effiziente und erfolgreiche Vorbereitung auf das Steuer- und in Teilen auch Wirtschaftsprüferexamen.

 

DHBW CAS – der ideale Bildungspartner

 

Die Duale Hochschule Baden-Württemberg (DHBW) befindet sich an zwölf Standorten landesweit verteilt und ist mit rund 34.000 Studierenden und über 9.000 dualen Partnerunternehmen die größte staatliche Hochschule des Landes. Im zentralen Mittelpunkt steht der Transfer aus Theorie und Praxis.

Mehr zu DHBW CAS 

Der Masterstudiengang „Rechnungswesen, Steuern, Wirtschaftsrecht (LL.M.)“ lässt sich ideal in unseren Kanzleialltag integrieren, da er fundiertes akademisches Wissen mit praxisnahen Fällen verbindet und gezielt auf das Steuerexamen und somit einer anschließenden Karriere  bei uns vorbereitet.

 

Dualer DHBW Masterstudiengang Rechnungswesen, Steuern & Wirtschaftsrecht (LL.M.) bei der WiTreu

 

Studiengang: Rechnungswesen, Steuern, Wirtschaftsrecht (LL.M.)
Abschluss: Master of Laws, 90 ECTS, staatlich anerkannt, systemakkreditiert
Studienbeginn: Jährlich zum 1. Oktober
Bewerbungsfrist: Bis 30. Juni (im gleichen Jahr)
Dauer: Vier Semester (Regelstudienzeit)
Studienorte: Heilbronn und Stuttgart (jeweils ca. 50 Prozent)
Format: Berufsbegleitendes Präsenzstudium mit hohem Selbststudienanteil

Voraussetzung: Bachelorabschluss (oder vergleichbar) und mindestens einjährige, einschlägige Berufserfahrung nach dem ersten Hochschulstudium

 

Präsenzzeiten:

 

Im 1. und 2. Semester sind die Präsenzzeiten überwiegend freitags geplant, können aber auch vereinzelt am Samstag oder Donnerstag stattfinden. Im 3. Semester kommt zusätzlich der Samstag hinzu. In diesem Semester wird darüber hinaus das Schreiben der Masterarbeit empfohlen. Im letzten Semester finden die Vorlesungen als Blockunterricht ab Ende Mai statt. In diesem Rahmen findet ein Intensivlehrgang mit Prüfungssimulation in Kooperation mit der Steuerberaterkammer Stuttgart statt.

Mehr zum Masterstudiengang

 

Vorteile für unsere Mitarbeitenden

 

  • Gezielte Vorbereitung auf das Steuerberaterexamen: Im vierten Semester erfolgt ein intensiver Vorbereitungsteil in Kooperation mit der Steuerberaterkammer Stuttgart – inklusive Kompakttagen und realitätsnaher Prüfungssimulation. So kann das Examen bereits im Abschlussjahr abgelegt werden.
  • Anrechnungsmöglichkeiten im Wirtschaftsrecht: Prüfungsleistungen können gemäß § 13b WPO auf das Wirtschaftsprüferexamen angerechnet werden.
  • Praxisnahe Verzahnung von Theorie und Arbeitsalltag: Die Studieninhalte sind eng mit der beruflichen Praxis verknüpft und lassen sich direkt im Kanzleialltag anwenden.
  • Berufsbegleitend ohne Karriereunterbrechung: Vom dualen Bachelorstudium bis hin zur Steuerberaterprüfung ist eine durchgehende berufliche Tätigkeit möglich – Studium und Praxis greifen nahtlos ineinander.
  • Flexible Rahmenbedingungen: Neben unserem Angebot Gleitzeit ohne Kernzeit ist es je nach individueller Situation möglich eine Arbeitszeitreduktion oder zusätzliche Urlaubstage zu vereinbaren.
  • Gezielte Unterstützung durch unsere Kanzlei: Wir begleiten und fördern unsere Mitarbeitenden aktiv auf ihrem akademischen Weg.

 

Zusätzliche Angebote

 

Der Studiengang bietet die Möglichkeit, vor oder parallel zum Masterstudium ein Zertifikatsprogramm in Angewandter Betriebswirtschafts- und Volkswirtschaftslehre zu absolvieren. Darüber hinaus können Absolvent:innen des Masterstudiengangs Rechnungswesen Steuern Wirtschaftsrecht den Weg zum Wirtschaftsprüfer/zur Wirtschaftsprüferin deutlich verkürzen, da sie die Studienleistungen in den Bereichen „Wirtschaftsrecht“ sowie „Angewandte Betriebswirtschaftslehre/Volkswirtschaftslehre“ (optionales Zertifikat ABWL/VWL) im Wirtschaftsprüfungsexamen nach § 13b WPO anrechnen lassen können.

 

Jetzt durchstarten

 

Mit unserer Partnerschaft zum DHBW CAS bieten wir unsere Mitarbeitenden eine großartige Möglichkeit, sich beruflich und akademisch weiterzuentwickeln. Sie arbeiten in einem interdisziplinären Team und erhalten so vielfältige Einblicke sowie die Möglichkeit, theoretisches Wissen durch spannende Praxisaufgaben anzuwenden. Für eine optimale Unterstützung setzen wir auf das Best-Buddy-Prinzip, bei dem ihnen stets ein erfahrener Berufsträger zur Seite steht. Darüber hinaus bieten wir viele weitere attraktive Benefits.

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Mandantenrundschreiben 06/2025

 

Das neue Mandantenrundschreiben im pdf-Format: Mandantenrundschreiben Juni 2025

Sehr geehrte Leserinnen und Leser,

in den letzten drei Editorials haben wir uns vor allem mit den spannenden Fragen rund um die Steuerpläne der neuen Regierung befasst. Heute wollen wir den Schwerpunkt auf das Thema „Bürokratieabbau“ legen.

Insbesondere das über die letzten Jahre gewachsene und sehr komplexe Regelungsdickicht rund um das Thema „Nachhaltigkeit“ steht aktuell in Brüssel im Mittelpunkt der Bemühungen zum Abbau der Bürokratie und damit Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit von EU-Unternehmen. Die Stichworte (um nur einige zu nennen) sind: Nachhaltigkeitsberichterstattung, Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz, CO2-Grenzausgleichssystem und Entwaldungsverordnung.

Durch den vor kurzem auf EU-Ebene in Kraft getretene sog. „Stop the Clock“ Rechtsakt ist nun zumindest in Bezug auf wesentliche ESG-Pflichten der große Zeitdruck deutlich reduziert. Im Kern geht es dabei um eine Verschiebung für einen Großteil der betroffenen Unternehmen um 2 Jahre. Das ist die gute Nachricht. Die schlechte Nachricht ist, dass aktuell noch große Unsicherheiten dahingehend bestehen, welche Unternehmen dann ab 2027 welche Berichtspflichten zu erfüllen haben. Eines dürfte aber bereits heute ziemlich sicher sein: Die Größenkriterien für berichtspflichtige Unternehmen werden deutlich angehoben und der Umfang der Berichtspflichten deutlich reduziert. Diese Themen werden in Brüssel unter dem Stichwort „Omnibus Procedure“ diskutiert. Wann dieser Omnibus am Ziel sein wird, lässt sich aktuell noch nicht verlässlich prognostizieren – vermutlich erst Ende diesen oder Anfang des kommenden Jahres.

Wir werden Sie diesbezüglich natürlich auf dem Laufenden halten.

Carsten Ernst
Geschäftsführender Gesellschafter | Steuerberater | Wirtschaftsprüfer

 

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Einkünftequalifizierung bei Arztpraxen:
Keine gewerblichen Einkünfte trotz Arbeitsteilung

 

Ein als Zahnarzt zugelassener Mitunternehmer übt im Rahmen eines Zusammenschlusses von Berufsträgern den freien Beruf selbst aus, wenn er neben einer ggf. äußerst geringfügigen behandelnden Tätigkeit vor allem und weit überwiegend organisatorische und administrative Leistungen für den Praxisbetrieb der Mitunternehmerschaft erbringt. Dies hat der Bundesfinanzhof entschieden.

 

Der Hintergrund

Ärzte und Zahnärzte erzielen aus ihrer freiberuflichen Tätigkeit Einkünfte aus selbstständiger Arbeit nach § 18 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Dies gilt grundsätzlich auch bei einer Gemeinschaftspraxis. Allerdings kann es Konstellationen geben, in denen die Einkünfte der Gesellschaft als gewerbliche Einkünfte nach § 15 EStG einzustufen sind – mit der Konsequenz der Gewerbesteuerpflicht. Und darum ging es auch in folgendem Fall:

 

Sachverhalt

Im Streitfall ging es um eine Partnerschaftsgesellschaft, die eine Zahnarztpraxis betreibt. Einem ihrer Seniorpartner oblag die kaufmännische Führung und die Organisation der ärztlichen Tätigkeit des Praxisbetriebs (z. B. Vertretung gegenüber Behörden und Kammern, Personalangelegenheiten, Instandhaltung der zahnärztlichen Gerätschaften).

Der Seniorpartner war weder „am Stuhl“ behandelnd tätig noch in die praktische zahnärztliche Arbeit der Mitsozien und der angestellten Zahnärzte eingebunden. Er beriet im Streitjahr fünf Patienten konsiliarisch und generierte hieraus einen geringfügigen Umsatz.

Das Finanzamt und das Finanzgericht Rheinland-Pfalz stuften die Einkünfte der gesamten Gesellschaft als gewerblich ein. Dem folgte der Bundesfinanzhof allerdings nicht: Alle Mitunternehmer erzielen Einkünfte aus freiberuflicher und damit selbstständiger Arbeit.

Die freiberufliche Tätigkeit ist durch die unmittelbare, persönliche und individuelle Arbeitsleistung des Berufsträgers geprägt. Daher reicht die bloße Zugehörigkeit eines Gesellschafters zu einem freiberuflichen Katalogberuf nicht aus. Vielmehr muss positiv festgestellt werden können, dass jeder Gesellschafter die Hauptmerkmale des freien Berufs in seiner Person tatsächlich verwirklicht hat, also die persönliche Berufsqualifikation sowie das untrennbar damit verbundene aktive Entfalten dieser Qualifikation am Markt.

Die persönliche Ausübung der freiberuflichen Tätigkeit im vorgenannten Sinne setzt allerdings nicht voraus, dass jeder Gesellschafter in allen Unternehmensbereichen leitend und eigenverantwortlich tätig ist und an jedem Auftrag mitarbeitet. Die eigene freiberufliche Betätigung eines Mitunternehmers kann auch in Form der Mit- und Zusammenarbeit stattfinden.

Beachten Sie | Einen Mindestumfang für die nach außen gerichtete qualifizierte Tätigkeit sieht das Gesetz nicht vor. Eine freiberufliche zahnärztliche Tätigkeit ist daher auch vorliegend anzunehmen: Auch in diesem Fall entfaltet der Berufsträger Tätigkeiten, die zum Berufsbild des Zahnarztes gehören.

Merke | In diesem Zusammenhang stellte der Bundesfinanzhof Folgendes heraus: Die kaufmännische Führung und Organisation der Personengesellschaft ist die Grundlage für die Ausübung der am Markt erbrachten berufstypischen zahnärztlichen Leistungen. Sie ist neben einer gegebenenfalls äußerst geringfügigen behandelnden Tätigkeit demzufolge auch Ausdruck seiner freiberuflichen Mit- und Zusammenarbeit sowie seiner persönlichen Teilnahme an der praktischen Arbeit

Diese und weitere interessante Artikel finden Sie in unserem monatlichen Mandantenrundschreiben von Mai 2025.

Quelle | BFH-Urteil vom 4.2.2025, Az. VIII R 4/22, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 247293; BFH, PM Nr. 19/25 vom 27.3.2025

Stundung einer Kaufpreisforderung: Liegen steuerpflichtige Kapitalerträge vor?

 

Die Stundung des Kaufpreises aus dem Verkauf eines zum Privatvermögen gehörenden Grundstücks im Wege einer Ratenzahlung ist als Einräumung eines Darlehens zu qualifizieren, das zu Einkünften aus Kapitalvermögen führen kann. Dies gilt auch, wenn die Vertragsparteien eine Verzinsung ausdrücklich ausgeschlossen haben. Ob es aber tatsächlich dazu kommt, hängt von den weiteren vertraglichen Vereinbarungen ab, wie das Finanzgericht Schleswig-Holstein entschieden hat.

Sachverhalt

Die Steuerpflichtigen hatten ihrer Tochter ein Hausgrundstück verkauft, den im Übertragungsvertrag vereinbarten Kaufpreis jedoch (ebenfalls im Übertragungsvertrag) gestundet. Die Stundungsvereinbarung sah vor, dass die Tochter den Kaufpreis in monatlichen Raten bezahlt.

Eine Verzinsung wurde nicht vereinbart. Die in diesem Verzicht liegende Kaufpreisreduzierung wurde, so die Vereinbarung, der Tochter geschenkt.

Das Finanzamt ging von einem in der Ratenzahlungsvereinbarung liegenden Zinsanteil aus, den es der Besteuerung unterwarf. Nach erfolglosem Einspruch gab das Finanzgericht Schleswig-Holstein der hiergegen gerichteten Klage statt.

Der in der Ratenzahlungsabrede rechnerisch enthaltene Zinsanteil ist unter den vorliegenden Umständen nicht als Ertrag aus einer Kapitalforderung zu qualifizieren. Die Differenz zwischen dem Nominalkaufpreis und dem abgezinsten Barkaufpreis haben die Eltern ihrer Tochter ausdrücklich geschenkt.

Die hierin bzw. in dem entsprechenden Kapitalnutzungsvorteil liegende freigebige Zuwendung ist als Schenkung zu qualifizieren und deshalb für die Einkommensteuer irrelevant. Es besteht ein Anwendungsvorrang der Schenkungsteuer, sodass die Ertragsbesteuerung in diesem Fall zurücktritt.

Andere Auffassung

Das Finanzgericht Köln hat zu dieser Thematik eine andere Ansicht vertreten. Danach ist es unvermeidlich und nicht verfassungswidrig, wenn es bei folgerichtiger Ausgestaltung jeder Einzelsteuer zu Doppelbelastungen mit Schenkungsteuer und Einkommensteuer kommt.

Da gegen beide Entscheidungen die Revision anhängig ist, wird der Bundesfinanzhof nun für Klarheit sorgen können.

Diese und weitere interessante Artikel finden Sie in unserem monatlichen Mandantenrundschreiben von Mai 2025.

Quelle | FG Schleswig-Holstein, Urteil vom 17.9.2024, Az. 4 K 34/24, Rev. BFH Az. VIII R 30/24; FG Köln, Urteil vom 27.10.2022, Az. 7 K 2233/20, Rev. BFH Az. VIII R 1/23

Mandantenrundschreiben 05/2025

 

Das neue Mandantenrundschreiben im pdf-Format: Mandantenrundschreiben Mai 2025

Sehr geehrte Leserinnen und Leser,

die Union aus CDU und CSU und die SPD haben sich auf einen neuen Koalitionsvertrag geeinigt.

Der Koalitionsvertrag setzt den Schwerpunkt auf die Stärkung der Wirtschaft und möchte Deutschland durch gezielte Maßnahmen in allen zentralen Bereichen wieder wettbewerbsfähig machen.

Neben der gezielten Anwerbung von Fachkräften und spürbaren Entlastungen bei den Energiepreisen legt die künftige Regierung ein besonderes Augenmerk auf den Bürokratieabbau. Bis Ende 2025 soll ein Sofortprogramm für den Bürokratieabbau mit dem Ziel umgesetzt werden, die Bürokratiekosten für die Wirtschaft um 25 % zu senken.

In der Steuerpolitik wird die degressive Abschreibung in Höhe von 30 % für die Jahre 2025 bis 2027 wieder eingeführt. Mit Ablauf der degressiven Abschreibung wird die Körperschaftsteuer beginnend am 1.1.2028 in fünf Jahresschritten um jeweils einen Prozentpunkt gesenkt. Bei den Personengesellschaften gibt es Erleichterungen bei der Thesaurierungsbegünstigung und die Option zur Besteuerung nach dem Körperschaftsteuergesetz soll deutlich vereinfacht werden.

Hinzu kommen viele Einzelmaßnahmen und Anreize, die wieder auf mehr Arbeit und Produktivität ausgelegt sind.

Vieles im Koalitionsvertrag steht unter Finanzierungsvorbehalt und ist davon abhängig, dass die Maßnahmen zu einem Wirtschaftswachstum führen. An der schwierigen Haushaltslage ist bereits die Ampelregierung gescheitert. Die Gegenfinanzierungskonzepte von CDU/CSU und SPD unterscheiden sich deutlich. Es bleibt abzuwarten, welche Maßnahmen die künftige Bundesregierung für die Umsetzung ergreift, wenn sich die Vorhaben nicht alleine durch ein Wirtschaftswachstum finanzieren lassen.

Weitere interessante Themen finden Sie in dieser Ausgabe für Mai 2025. Viel Spaß beim Lesen!

Mirco Hagemeyer
Geschäftsführender Gesellschafter | Steuerberater

 

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Kein Steuerabzug für Hausgeldzahlungen in die Erhaltungsrücklage

 

Leistungen eines Wohnungseigentümers in die Erhaltungsrücklage einer Wohnungseigentümergemeinschaft (z. B. im Rahmen der monatlichen Hausgeldzahlungen) sind steuerlich im Zeitpunkt der Einzahlung noch nicht abziehbar. Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung liegen erst vor, wenn aus der Rücklage Mittel zur Zahlung von Erhaltungsaufwendungen entnommen werden. Damit hat der Bundesfinanzhof die bisherige Sichtweise bestätigt.

Sachverhalt

Ein Ehepaar vermietete mehrere Eigentumswohnungen. Das an die jeweilige Wohnungseigentümergemeinschaft gezahlte Hausgeld wurde zum Teil der gesetzlich vorgesehenen Erhaltungsrücklage (vormals Instandhaltungsrückstellung) zugeführt.

Insoweit erkannte das Finanzamt keine Werbungskosten an. Es meinte, der Abzug könne erst in dem Jahr erfolgen, in dem die zurückgelegten Mittel für die tatsächlich angefallenen Erhaltungsmaßnahmen am Gemeinschaftseigentum verbraucht würden. Das Finanzgericht Nürnberg wies die Klage ab – und auch die Revision beim Bundesfinanzhof blieb erfolglos.

Der Werbungskostenabzug erfordert einen wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen der Vermietungstätigkeit und den Aufwendungen des Steuerpflichtigen. Die Eheleute hatten den der Erhaltungsrücklage zugeführten Teil des Hausgelds zwar erbracht und konnten hierauf nicht mehr zurückgreifen, da das Geld ausschließlich der Wohnungseigentümergemeinschaft gehört. Auslösen der Moment für die Zahlung war aber nicht die Vermietung, sondern die rechtliche Pflicht jedes Wohnungseigentümers, am Aufbau und an der Aufrechterhaltung einer angemessenen Rücklage für die Erhaltung des Gemeinschaftseigentums mitzuwirken.

Ein Zusammenhang zur Vermietung entsteht erst, wenn die Gemeinschaft die angesammelten Mittel für Erhaltungsmaßnahmen verausgabt. Erst dann kommen sie der Immobilie zugute.

Merke | Durch die Reform des Wohnungseigentumsgesetzes im Jahr 2020 wurde der Wohnungseigentümergemeinschaft die volle Rechtsfähigkeit zuerkannt. Der Hoffnung, dass die Zahlung in die Erhaltungsrücklage deshalb sofort im Zahlungsjahr abzugsfähig ist, hat der Bundesfinanzhof ausdrücklich eine Absage erteilt.

Diese und weitere interessante Artikel finden Sie in unserem monatlichen Mandantenrundschreiben von April 2025.

Quelle | BFH-Urteil vom 14.1.2025, Az. IX R 19/24, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 246819; BFH, PM Nr. 10/25 vom 25.2.2025

Geänderte Rechtsprechung zur Verteilung von Leasingsonderzahlungen bei Reisekosten

 

Zur Ermittlung der tatsächlichen Kosten für sonstige berufliche Fahrten nach § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4a S. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ist eine Leasingsonderzahlung den einzelnen Veranlagungszeiträumen während der Laufzeit des Leasingvertrags zuzuordnen. Mit dieser Entscheidung hat der Bundesfinanzhof seine bisherige Rechtsprechung geändert. Denn bis dato war die Leasingsonderzahlung grundsätzlich im Zeitpunkt der Zahlung zu berücksichtigen. Und auch andere (Voraus-)Zahlungen, die sich wirtschaftlich auf die Dauer des Leasingvertrags erstrecken, sind periodengerecht auf die einzelnen Veranlagungszeiträume während der Laufzeit des Leasingvertrags zu verteilen.

Hintergrund

Arbeitnehmer können die Kosten für beruflich veranlasste Fahrten, die keine Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte sowie keine Familienheimfahrten sind, bei Nutzung eines eigenen Pkw als Werbungskosten ansetzen. Dabei besteht ein Wahlrecht: Ansatz der Fahrtkosten mit einer Pauschale von 0,30 EUR/km oder Berücksichtigung der tatsächlichen Aufwendungen. Sollen die tatsächlichen Aufwendungen angesetzt werden, muss ein individueller Kilometersatz ermittelt werden, wobei die gesamten Fahrzeugkosten zu berücksichtigen sind.

Beachten Sie | Zu den Gesamtkosten gehören die Kosten, die unmittelbar dem Halten und dem Betrieb des Kfz dienen und im Zusammenhang mit dessen Nutzung typischerweise entstehen. Dazu zählen vor allem die Kosten für Betriebsstoffe, Wartung und Reparaturen sowie die regelmäßig wiederkehrenden festen Kosten, etwa für die Haftpflichtversicherung, die Kfz Steuer, Absetzung für Abnutzung (AfA) oder Leasing- und Leasingsonderzahlungen.

Sachverhalt

Ein Arbeitnehmer nutzte für seine beruflichen Fahrten einen ab dem 20.12.2018 für drei Jahre geleasten Pkw. Für seine vom 20.12. bis 31.12.2018 durchgeführten beruflichen Fahrten setzte er 0,93 EUR/km als Werbungskosten an. Bei der Ermittlung des Kilometersatzes legte er u. a. die Leasingsonderzahlung für den Leistungszeitraum (20.12.2018 bis 19.12.2021) von 15.000 EUR, die Kosten für Zubehör, Zusatzleistungen und Reifen sowie die für zwölf Monate zu zahlenden Leasingraten, Versicherungsprämien und ADAC-Beiträge zugrunde.

Den ermittelten Kilometersatz erkannte das Finanzamt für 2018 an – nicht aber für 2019, da sich die Verhältnisse im Vergleich zum Vorjahr geändert hätten. Stattdessen setzte es den pauschalen Kilometersatz von 0,30 EUR/km an. Das Finanzgericht München gab der hiergegen erhobenen Klage statt, weshalb das Finanzamt Revision einlegte, die im Kern erfolgreich war.

Bisher gehörte eine bei Leasingbeginn zu erbringende Sonderzahlung in Höhe des auf die Auswärtstätigkeiten entfallenden Nutzungsanteils zu den sofort abziehbaren Werbungskosten. Etwas anderes galt nur, wenn es sich bei der Leasingsonderzahlung um Anschaffungskosten für den Eigentumserwerb bzw. um Anschaffungskosten eines Nutzungsrechts handelte, die nur in Form von AfA berücksichtigt werden können.

An dieser Rechtsprechung hält der Bundesfinanzhof nicht mehr fest. Bei Leasingsonderzahlungen handelt es sich um ein vorausgezahltes Nutzungsentgelt, das dem Zweck dient, die Leasingraten während der Gesamtlaufzeit des Leasingvertrags zu mindern. Die Sonderzahlung finanziert damit auch die Nutzung des Fahrzeugs in den Folgejahren, weshalb die Leasingsonderzahlung linear auf den Vertragszeitraum zu verteilen ist, sofern die Sonderzahlung nach den Vertragsbedingungen die Höhe der monatlichen Leasingraten mindert.

Diese Grundsätze gelten auch für andere (Voraus-)Zahlungen, die sich wirtschaftlich auf die Dauer des Leasingvertrags erstrecken. Beispielhaft führt der Bundesfinanzhof die Kosten „für einen weiteren Satz Reifen“ an, die in Höhe der AfA in die jährlichen Gesamtaufwendungen einzubeziehen sind.

Diese und weitere interessante Artikel finden Sie in unserem monatlichen Mandantenrundschreiben von April 2025.

Quelle | BFH-Urteil vom 21.11.2024, Az. VI R 9/22, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 245927

Immobilienkauf mit Renovierungsbedarf:
Anschaffungsnahe Herstellungskosten vermeiden

 

Wird eine Mietimmobilie instand gesetzt oder modernisiert, sind die Aufwendungen grundsätzlich im Jahr der Zahlung als Werbungskosten abzugsfähig. Es ist aber § 6 Abs. 1 Nr. 1a des Einkommensteuergesetzes (EStG) zu beachten. Denn werden die Maßnahmen innerhalb von drei Jahren nach der Anschaffung des Gebäudes durchgeführt, und übersteigen die Aufwendungen ohne Umsatzsteuer 15 % der auf das Gebäude entfallenden Anschaffungskosten, handelt es sich um anschaffungsnahe Herstellungskosten. Die Folge: Die Aufwendungen können nur über die langjährige Gebäudeabschreibung als Werbungskosten abgezogen werden. Um dies zu vermeiden, gilt es insbesondere, den Dreijahreszeitraum richtig anzuwenden.

Beginn des Dreijahreszeitraums

Der Zeitraum von drei Jahren klingt überschaubar. Doch hier lauern die Tücken im Detail. Denn wann beginnt der Zeitraum genau und wann endet er? Irrtümlich wird oft davon ausgegangen, dass der Zeitraum ab dem abgeschlossenen Kaufvertrag über den Erwerb der Immobilie beginnt. Das ist aber ein Trugschluss. Denn der dreijährige Zeitraum beginnt erst dann, wenn das wirtschaftliche Eigentum (§ 39 Abs. 2 Nr. 1 der Abgabenordnung) übergegangen ist.

Beachten Sie | Maßgebend ist also der Zeitpunkt, zu dem Besitz, Nutzen und Lasten übergehen.

Beispiel

Der Steuerpflichtige A hat am 2.1.2021 einen Kaufvertrag über ein Einfamilienhaus unterzeichnet, das fremdüblich vermietet werden soll. Besitz, Nutzen und Lasten gehen mit Zahlung des Kaufpreises über, das ist der 31.1.2021.

Auf das Gebäude entfallen Anschaffungskosten von 200.000 EUR, sodass die 15-%-Grenze bei 30.000 EUR liegt. Bis zum 31.12.2023 hat A Renovierungen i. H. von 28.000 EUR durchgeführt. Mitte Januar 2024 wird noch ein Fenster für 3.000 EUR netto ausgetauscht.

Lösung: Wäre der Zeitraum ausgehend von dem Kaufvertrag zu berechnen, würden sich keine anschaffungsnahen Herstellungskosten ergeben. Damit wäre ein sofortiger Abzug aller Aufwendungen zulässig.

Weil der Zeitraum jedoch ab dem 31.1.2021 beginnt und somit auch noch den Januar 2024 umfasst, wird die Grenze (30.000 EUR) durch die Aufwendungen (31.000 EUR) überschritten. Die Folge: Der Steuerpflichtige A kann die 31.000 EUR nur über die Gebäudeabschreibung absetzen.

Aufwendungen für Erhaltungsarbeiten, die jährlich üblicherweise anfallen, sind nicht einzubeziehen. Zudem ist die Grenze nur in den drei Jahren nach dem Immobilienerwerb zu prüfen. Sollte eine Immobilie aus dem Betriebs- in das Privatvermögen überführt werden, beginnt keine neue Dreijahresfrist. Dies hat der Bundesfinanzhof 2022 entschieden.

Ausführung der Maßnahmen

Zudem ist zu beachten, dass es nicht auf die Bezahlung der Aufwendungen, sondern auf die Ausführung der Maßnahmen innerhalb des Dreijahreszeitraums ankommt. Dabei geht die Finanzverwaltung sogar so weit, dass die Maßnahme zum Ende des Zeitraums nicht einmal abgeschlossen sein muss. Bei Maßnahmen, die sich über den dreijährigen Zeitraum hinaus erstrecken, hat folglich zum Ablauf des dritten Jahres eine Aufteilung zu erfolgen. Der Teil der Aufwendungen, der auf innerhalb des dreijährigen Zeitraums durchgeführte Maßnahmen entfällt, ist für Zwecke des § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG zu berücksichtigen. Der restliche Teil fällt aus der Berechnung heraus.

Merke | Zur Umgehung der 15-%-Grenze ist es also keine Lösung, nur die Bezahlung der Rechnungen zu verschieben.

Beispiel

Der Dreijahreszeitraum läuft vom 1.7.2021 bis zum 30.6.2024. Die relevante 15-%-Grenze beträgt 50.000 EUR. Innerhalb des Zeitraums wurden Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen über 45.000 EUR durchgeführt und bezahlt.

Am 1.6.2024 hat zudem ein Handwerker mit der Sanierung der Fassade begonnen.
Der Abschluss der Sanierung erfolgt am 15.7.2024. Die Rechnung beträgt netto 12.000 EUR und wird im August bezahlt. Davon entfallen 7.000 EUR auf den Zeitraum vom 1.6. bis zum 30.6.2024.

Lösung: Weil die im August bezahlten Aufwendungen insoweit berücksichtigt werden, wie sie auf den dreijährigen Zeitraum entfallen (7.000 EUR), wurde die 15-%-Grenze überschritten.

Beachten Sie | Ziehen sich Baumaßnahmen über den Dreijahreszeitraum hin, sollten von den Bauunternehmern deshalb Aufstellungen über die bis zum Ablauf des Zeitraums getätigten Baumaßnahmen angefordert werden.

Vorgezogene Aufwendungen

Da der Dreijahreszeitraum nicht ab dem Datum des notariellen Vertrags, sondern erst ab dem Übergang von Besitz, Nutzen und Lasten beginnt, kann die Durchführung von Maßnahmen auch vorgezogen werden. Denn Maßnahmen, die vor dem Übergang von Besitz, Nutzen und Lasten ausgeführt werden, bleiben von § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG verschont. Dies hat der Bundesfinanzhof im Jahr 2020 festgestellt.

Beispiel

Der Steuerpflichtige A unterzeichnet am 1.2.2024 einen Notarvertrag über den Kauf eines Mehrfamilienhauses. Als Übergang von Besitz, Nutzen und Lasten wurde der 1.5.2024 vereinbart. Der Vertrag sieht vor, dass A bereits vor dem 1.5.2024 Renovierungs- und Modernisierungsmaßnahmen vornehmen darf. Die Anschaffungskosten des Gebäudes betragen 300.000 EUR.

A tätigt folgende Instandhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen:

–> 1.2.2024 bis 30.4.2024: 20.000 EUR

–> 1.5.2024 bis 31.12.2024: 30.000 EUR

Am 1.1.2025 ist alles fertig, und die Mieter ziehen ein.

Lösung: Der maßgebende Zeitraum läuft vom 1.5.2024 bis zum 30.4.2027. Die Aufwendungen bis zum 30.4.2024 sind als Aufwand „vor“ der Anschaffung nicht in die 15-%-Grenze einzubeziehen. Deshalb sind die 20.000 EUR sofort abzugsfähig.

Im Dreijahreszeitraum fallen nur 30.000 EUR an. Diese übersteigen die 15-%-Grenze nicht (300.000 x 15 % = 45.000 EUR). Es handelt sich ebenfalls um sofort abzugsfähigen Aufwand.

Bei Vorverlagerung von Aufwendungen sollte darauf geachtet werden, dass die jeweilige Abnahme der Baumaßnahme vor dem Übergang von Nutzen und Lasten erfolgt. Im Zweifel wären auch Teilrechnungen zu Dokumentationszwecken geeignet, um gegenüber dem Finanzamt nachzuweisen, welche Aufwendungen auf Maßnahmen vor bzw. nach Erwerb des Objekts entfallen.

Diese und weitere interessante Artikel finden Sie in unserem monatlichen Mandantenrundschreiben von April 2025.

Quelle | § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG; BFH-Urteil vom 3.5.2022, Az. IX R 7/21; BFH, Beschluss vom 28.4.2020, Az. IX B 121/19